Das wichtigste und existenziellste politische Ereignis dieses Jahres findet gerade in Ägypten statt mit der Klimakonferenz COP27. Dort werden viele Reden gehalten, von zwei der wichtigsten – von UN-Generalsekretär Guterres und Kolumbiens Präsident Petro  – möchte ich hier berichten.

UN-Generalsekretär Guterres: „We are on the Highway to Climate Hell“

Die COP27 begann am Sonntag mit einer kompromisslosen Rede von UN-Generalsekretär António Guterres.

„Die Menschheit hat die Wahl: kooperieren oder untergehen“, sagte Guterres. „Es ist entweder ein Klimasolidaritätspakt – oder ein kollektiver Selbstmordpakt.“

Guterres startete mit einem eindringlichen Appell: „Wir befinden uns im Kampf unseres Lebens und wir verlieren, die Treibhausgasemissionen steigen weiter, de globalen Temperaturen steigen weiter und unser Planet nähert sich immer schneller den Wendepunkten, die das Klimachaos unumkehrbar machen werden. Wir sind auf einem Highway in die Klimahölle, mit dem Fuß immer noch auf dem Gaspedal.“

Aktuelle UN-Berichte zeichnen ein düsteres Bild. Tun wir weiter wie jetzt, dann bringt das die die Welt bis 2100 auf eine Erwärmung um 2,8 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau bringen und diese Erwärmung würde nur auf eine Erwärmung von 2,4 bis 2,6 Grad Celsius sinken, wenn die Länder ihrer derzeitigen Versprechen zur Emissionsreduzierung einhalten würden. Das entspricht absolut nicht den Zielen des Pariser Abkommens, die Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.

„Die Wissenschaft ist eindeutig: Jede Hoffnung, den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen, heißt bis 2050 weltweit Netto-Null-Emissionen zu erreichen“, so Guterres. „Dieses 1,5-Grad-Ziel ist lebenserhaltend – die Maschinen rattern weiter. Wir nähern uns gefährlich dem Point of no Return.“

Bereits jetzt, mit einer Erwärmung von 1,1 Grad, leiden viele Länder unter extremen Auswirkungen, wie beispielsweise im heurigen Sommer katastrophale Überschwemmungen in Pakistan, genauso wie Extremhitzewellen. Wir dürfen uns durch Krisen wie die Energiekrise oder die COVID19-Pandemie nicht aufhalten lassen, weiter gegen den Klimawandel zu handeln. Guterres argumentierte, dass diese Ereignisse keine Entschuldigung für „Rückschritte oder Greenwashing“ sein könnten. „Der Anstieg der Energiepreise – verursacht durch Russlands Reduzierung des Gasflusses nach Europa – zeigt nur die Gefahren eines auf fossilen Brennstoffen basierenden Energiesystems auf.“

Gustavo Petro, neuer  Präsident von Kolumbien, hat bei der COP27 in Ägypten gesprochen. Hier seine 10 bemerkenswerten Empfehlungen

  1. Die Menschheit muss wissen, dass sie aussterben wird, wenn die globale Politik die Klimakrise nicht bewältigt. Die Zeiten des Aussterbens, die wir erleben, müssen uns dahin bringen, jetzt und weltweit zu handeln, mit oder ohne Erlaubnis der Regierungen. Es ist an der Zeit, die gesamte Menschheit zu mobilisieren.
  1. Der Markt ist nicht der entscheidende Mechanismus zur Überwindung der Klimakrise. Es sind der Markt und die Kapitalakkumulation, die sie hervorgebracht haben, und sie werden niemals ihr Heilmittel sein.
  1. Nur eine öffentliche und globale, multilaterale Planung ermöglicht uns den Übergang zu einer dekarbonisierten Weltwirtschaft. Die UNO muss die Plattform für die Planung sein.
  1. Es ist die globale Politik, d.h. die Mobilisierung der Menschen, die den Kurs korrigieren wird und nicht die Verträge von Technokraten, die von den Interessen von Kohle und Öl beeinflusst werden.
  1. Die Säulen des Weltklimas müssen zuallererst gerettet werden. Der Amazonas-Regenwald ist eine davon. Kolumbien wird in den nächsten 20 Jahren 200 Millionen Dollar jährlich zur Rettung des Amazonas-Regenwaldes bereitstellen. Wir erhoffen uns Beiträge aus anderen Teilen der Welt.
  1. Die Klimakrise kann nur überwunden werden, wenn wir den Verbrauch von Kohlenwasserstoffen einstellen. Es ist an der Zeit, die Kohlenwasserstoffwirtschaft zu entwerten mit festgelegten Fristen für ihre Beendigung, und die dekarbonisierte Wirtschaft aufzuwerten. Die Lösung ist eine Welt ohne Öl und Kohle.
  1. Die Verträge der WTO und des IWF stehen der Lösung der Klimakrise entgegen und müssen daher den COP-Vereinbarungen untergeordnet werden und nicht andersherum.
  1. Der IWF muss ein Programm zum Eintausch von Schulden gegen Investitionen für die Anpassung an und die Bekämpfung des Klimawandels und zu seiner Überprüfung in allen Entwicklungsländern der Welt auflegen. Die heutige Politik von Wirtschaftssanktionen begünstigt nicht die Demokratie und ist kontraproduktiv bzgl. der Zeit, die die Menschheit braucht, um die Krise zu bekämpfen.
  1. Die privaten und multilateralen Banken der Welt müssen die Finanzierung der Kohlenwasserstoffwirtschaft einstellen.
  1. Friedensverhandlungen müssen sofort beginnen. Krieg raubt uns Zeit, die für die Menschheit lebenswichtig ist, um ihr Aussterben zu verhindern.

Gustavo Petro, Präsident Kolumbiens, Rede vor UNO-Klimakonferenzhes COP27 finden Sie HIER

Lesen Sie die Rede und seine bemerkenswerten Empfehlungen im Original HIER

Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW fordert:

„Anlässlich des Berichts (11.11.2022) von „Scientists for Global Responsibility“ (SGR) und „Conflict and Environment Observatory“ (CEOBS) fordert die ärztliche Friedensorganisation IPPNW die deutsche Bundesregierung auf, sich auf der Klimakonferenz für einen Sonderbericht und eine Bewertung der Klimaauswirkungen von Krieg und Militär einzusetzen.“

„Das interessante an dem Report von CEOBS und SGR ist, dass sich die Berechnungen nur auf „Friedenszeiten“ beziehen. Laufende Konflikte und Kriege bleiben wegen unzureichender Datenlage ausgespart. Das heißt, dass direkte Auswirkungen der Kriegsführung, wie Brände von Öl-Depots und Wäldern, Schäden an der (fossilen) Infrastruktur und den Ökosystemen, sowie Wiederaufbau und Gesundheitsfürsorge für Überlebende gar nicht einberechnet wurden. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass die berechneten 5,5 Prozent sogar eine sehr konservative Schätzung sind“, verdeutlicht Claußen.*

Der CO2-Ausstoß des Militärs wurde auf Druck der USA in Klimaabkommen wie dem Kyoto-Protokoll 1997 und dem Pariser Klimaschutzabkommen 2015 ausgeklammert. Bisher ist er damit kein verpflichtender Bestandteil und wird weder konsistent erhoben noch transparent veröffentlicht. Das hätte sich auch in den vergangenen Jahren kaum geändert, heißt es in dem Bericht weiter.“

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Die Kritik an den doppelten Standards Europas bzw. des Westens nimmt weltweit zu – aktuell vor allem mit Blick auf die Klimapolitik und auf den Ukraine-Krieg.

German Policy Newsletter – 15.11.2022

„BERLIN/KAMPALA (Eigener Bericht) – Vor dem Hintergrund der UN-Klimakonferenz in Sharm el Sheikh nimmt die Kritik an den doppelten Standards der westlichen Mächte – auch Deutschlands – weltweit zu. Es gehe nicht an, dass die europäischen Staaten Vorhaben zur Öl- und Gasförderung in Afrika ablehnten, sofern diese wie etwa in der Demokratischen Republik Kongo der Deckung des afrikanischen Eigenbedarfs dienten, dass sie parallel aber gleichartige Vorhaben unterstützten, wenn sie wie etwa im Senegal Europa versorgten, heißt es in einem aktuellen Namensartikel von Yoweri Museveni, dem Präsidenten Ugandas: „Wir werden nicht eine Regel für sie, eine andere aber für uns akzeptieren.“ Identische Kritik an europäischen Versuchen, den Ländern Afrikas eine Abkehr von Öl und Gas zu diktieren, zugleich aber selbst die Nutzung von Kohle als Energieträger wieder zu intensivieren – etwa in Deutschland –, wird schon seit Monaten laut. Zudem wächst die Verachtung dafür, dass der Westen von der Welt Unterstützung im Ukraine-Krieg fordert, zugleich aber Kriege, die seine Interessen nicht tangieren, ignoriert und Flüchtlinge, wenn sie nicht aus der Ukraine kommen, an den EU-Außengrenzen ertrinken oder erfrieren lässt.“

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