Hans Limmer, Dipl. Politologe, Programmdirektor der Münchner Volkshochschule i. R.

München, 15.02.2024

Statt eines Grußworts

hat der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt  München der Friedenskonferenz mitteilen lassen, dass sie mit sofortiger Wirkung und auch in Zukunft als nicht mehr förderungswürdig erachtet wird.

Ist es ein Versuch, bürgerschaftliche Initiativen, die nicht in den Mainstream passen, zu ersticken? Ist unsere Stadt nicht schon sozial und ökonomisch genügend dominiert vom Großen Geld von Konzernen und Spekulanten, von Besitzbürgern und ihren Finanz- und Kulturinteressen? München ist die Hauptstadt der neuen Medien geworden, zieht nur gut verdienende und Wohlhabende an. Die arbeitende Bevölkerung kann sich München kaum noch leisten, wird immer mehr aus der Urbanität verdrängt in öde, billigere, suburbane Bezirke.

Lesen Sie den ganzen Text HIER

 

München, 15.02.2024

Brief an den Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München, Herrn Dieter Reiter

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Reiter,

das ist seit meiner Pensionierung im Jahr 1995 als Programmdirektor der Münchner Volkshochschule der erste Brief, den ich an eine offizielle  Person meines ehemaligen Arbeitgebers richte.    …

Zu meinen Lebenslauf möchte ich einige Angaben machen, weil Sie mich wahrscheinlich persönlich nicht kennen, diese gehören auch zum Hintergrund meines Schreibens. Ich bin jetzt 89 Jahre alt, 1935 in München geboren. Der zweite Weltkrieg und die Luftangriffe auf München haben meine Kindheit, wahrscheinlich sogar meinen späteren Lebenslauf geprägt. Den Krieg habe ich in einem Keller in Untergiesing, nur 8 Stufen tief, überlebt; einzige Hilfe und Trost dort: Rosenkranzbeten und Baldriantropfen. Nach zwei Jahren fast ohne jeden Schulunterricht  wegen der täglichen Luftalarme ab Mai 1945 wieder Unterricht in zerstörten Klassenzimmern. Holperige Schullaufbahn, wichtiger die Beschaffung von Lebensmitteln, Brennholz aus den  Isarauen und die Frage was nun kommen würde in Deutschland. Freudiges Staunen darüber, was uns die Amerikaner mitbrachten an Kultur, an Vielfalt, an Demokratie.   …

Seit ich politisch denken kann, bin ich Pazifist, angefangen mit den Ostermärschen in den fünfziger Jahren bis heute als Unterstützer der Internationalen Münchner Friedenskonferenz und  den die Sicherheitskonferenz begleitenden Aktionen und Demonstrationen.   …

Gestern erfuhr ich durch ein Rundschreiben der Internationalen Münchner Friedenskonferenz von der Initiative einer Anzahl Stadtratsmitglieder, mit dem Ziel der Friedenskonferenz den bisherigen geringfügigen kommunalen Förderungsbetrag von ca. 7000 Euro zu entziehen. Das steht dann wohl in einer Linie mit der Beschimpfung des deutschen Pazifismus als  Lumpenpazifismus“ im SPIEGEL und der Rede des Bundeskanzlers, in der er Pazifisten als „gefallene Engel“ verteufelte.

Ich weiß es nicht, Herr Oberbürgermeister, aber Sie könnten es errechnen lassen wie viel Geld und geldwerte Leistungen die Stadt jährlich für die Durchführung der militaristischen Sicherheitskonferenz aufwendet, auf der oben zitierte Äußerungen sicher viel Beifall finden würden.

Und jetzt in unserer Stadt der Versuch, die pazifistische Minderheit, die bisher ihren Platz in der vielfältigen offenen Stadtgesellschaft hatte, aus dem öffentlichen Diskurs auszuschalten,  indem man ihr die städtischen Mittel wegnimmt, mit windigen technokratischen Leerformeln als Begründung.

Es geht um mehr als nur um eine kleine Unterstützung für eine kleine Minderheit. Auf dem Spiel steht am Ende, ob weltanschauliche Vielfalt und Toleranz noch einen sicheren Platz haben in unserer Gesellschaft. Daß München eine moderne bürgerfreundliche Großstadt, mit einer liberalen, pluralen, bürgernahen kommunalen Kulturpolitik sein soll, darf niemals wieder in  Zweifel kommen.

Meine Bitte und Erwartung an Sie, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, ist noch einmal, dass Sie die offene plurale Stadtgesellschaft und ihre Meinungsvielfalt gegen Angriffe verteidigen  und den bürgerschaftlichen Aktivitäten von Pazifisten und anderen Minderheiten einen sicheren Raum in dieser Stadt geben.

Mit achtungsvollen Grüßen
Hans Limmer

Lesen Sie den ganzen Protestbrief HIER