Heribert Prantl

Bild: Nina Tenhumberg

Heribert Prantl spricht auf der Münchner Friedenskonferenz am 14. Februar 2025, 18.30 Uhr, smartvillage, Rosenkavalierplatz 13, Arabellapark

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Den Frieden gewinnen. Die Gewalt verlernen.

„Die Propagierung einer Kriegstüchtigkeit ist nicht nur falsch, sondern gefährlich. Sie ist ein Verstoß gegen den Buchstaben und den Geist des Grundgesetzes. Wir brauchen eine neue Friedensbewegung, wir brauchen eine neue Entspannungspolitik. Eine dritten Weltkrieg brauchen wir nicht.“ (Heribert Prantl)

Schmalhans Friedensmeister
Die Verfassungsrechtler schleichen am Gebot der Präambel des Grundgesetzes vorbei

Von Heribert Prantl

Rechtswissenschaftler zeichnen sich dadurch aus, dass sie jedes Wort und jeden Buchstaben dreimal umdrehen. Es fällt daher auf, dass sie zum Friedensgebot im Grundgesetz nicht viel zu sagen wissen. Es steht dort in der Präambel und verlangt vom Staat des Grundgesetzes, „dem Frieden der Welt zu dienen“.  Wer in den juristischen Kommentarwerken nachschlägt, findet dazu nur karge und spärliche Darlegungen. Es ist versäumt worden, dass Friedensgebot auszuarbeiten, zu substantiieren, zu spezifizieren und zu konkretisieren, wie das mit dem Rechtsstaatsgebot und dem Sozialstaatsgebot sehr wohl geschehen ist. Das Friedensgebot ist daher eine schöne, aber leere Formel geblieben; es ziert das Grundgesetz, wurde und wird aber behandelt wie eine Verzierung.

Das war und ist falsch; und das rächte und rächte sich in der öffentlichen Diskussion über den Ukrainekrieg. Sie war und ist eine haltlose Diskussion; sie hat, anders als die Diskussion über das Sozialstaatsgebot und das Rechtsstaatsgebot, keinen Halt in der Verfassung – weil der Gehalt des Friedensgebots nicht festgehalten wird. Das Prinzip Frieden müsste noch umfassend entfaltet werde; das ist nicht geschehen. Es ist zusammengefaltet worden und steht verloren und unbeachtet in der Ecke. Es wäre besser, die Mütter und Väter des Grundgesetzes hätten zu der plakativ-klaren Formulierung gefunden, die Carlo Schmid vorgeschlagen hatte: „Krieg ist kein Mittel der Politik“. An so einem Satz hätten sich die Verfassungsrechtler nicht so leicht vorbeimogeln können wie am Friedensgebot.

Das Friedensgebot ist stumm geblieben. Für Pro und Contra von Waffenlieferungen an die Ukraine spielten und spielen das Grundgesetz und sein Friedensgebot kaum eine Rolle. Vielleicht galt und gilt deshalb die Warnung vor einer „Eskalation“ des Krieges als Ausdruck von Verzagtheit, vielleicht deshalb wurden bis vor kurzem Wörter wie „Kompromiss“ und „Waffenstillstand“ so ausgesprochen, als wären sie vergiftet; vielleicht deshalb gilt Kriegsrhetorik als Ausdruck von Moral. Wie dient man, wie das Grundgesetz das verlangt, dem Frieden in Zeiten des Ukrainekriegs?  Mit Haubitzen und Raketen oder mit Vermittlungsversuchen? Mit Diplomatie oder mit Drohnen?  Das Friedensgebot ist ein tragendes Prinzip der Verfassung, das als tragendes Prinzip noch entwickelt werden muss.  Dann trägt das Friedensgebot in eine gute, in eine bessere Zukunft. Es ist der Weg vom Recht des Stärkeren zur Stärke des Rechts.

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In der Verleihungsurkunde des Geschwister-Scholl-Preise, den Heribert Prantl 1994 verliehen bekam, steht geschrieben: „Entschieden fordert er die Beachtung der Grundrechte“.

Zur Person:

Geboren 1953 in Nittenau/Oberpfalz
Publizist, Journalist, Autor. Bis März 2019 Mitglied der Chefredaktion und Leiter des Ressorts Meinung der Süddeutschen Zeitung. Seitdem ständiger Kolumnist der SZ und Kommentator und Essayist von Sueddeutsche.de

Werdegang:

  • Seit März 2019 ständiger Autor, Kommentator und Kolumnist der Süddeutschen Zeitung
  • Seit 2018: Ressortleiter des neugegründeten Zentralressorts Meinung Print und Online
  • 1992-2017: Ressortchef Innenpolitik bei der Süddeutschen Zeitung
  • Seit 2016: Ehrendoktor der ev.-theologischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg
  • Seit 2011: Mitglied der SZ-Chefredaktion Seit 2010: Honorarprofessor der Fakultät Rechtswissenschaften der Universität Bielefeld
  • Seit 1988: politischer Redakteur bei der Süddeutschen Zeitung. Zunächst innenpolitischer Kommentator und innenpolitischer Redakteur mit Schwerpunkt Rechtspolitik
  • 1981-87: Richter an verschiedenen bayerischen Amts- und Landgerichten sowie Staatsanwalt

Studium der Philosophie, der Geschichte und der Rechtswissenschaften. Erstes und Zweites juristisches Staatsexamen, juristische Promotion bei Professor Dr. Dieter Schwab in Regensburg, juristisches Referendariat. Parallel dazu journalistische Ausbildung

Auszeichnungen, u.a.:

  • Katholischer Medienpreis / Sonderpreis der Jury für die Leitartikel zu den Hochfesten der Kirche (2018)
  • Ehrendoktor des Fachbereichs Theologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (2016)
  • Hildegard-Hamm-Brücher-Preis (2015)
  • Publizistikpreis der Stadt München (2013)
  • Brüder-Grimm-Preis (2012) Wilhelm-Hoegner-Preis (2011)
  • Cicero Rednerpreis des Verlags für die Deutsche Wirtschaft AG (2010)
  • Justizmedaille des Freistaats Bayern (2009)
  • Roman-Herzog-Medienpreis des Konvents für Deutschland für die Analyse und Kommentare zum Föderalismus (2007)
  • Arnold-Freymuth-Preis „für Verdienste um den demokratischen und sozialen Rechtsstaat“ (2006)
  • Erich-Fromm-Preis (2006)
  • Rhetorikpreis für die Rede des Jahres 2004 der Eberhard-Karls-Universität Tübingen
  • Theodor-Wolff-Preis für essayistischen Journalismus (2001)
  • Siebenpfeiffer-Preis (1998/99)
  • Kurt-Tucholsky-Preis für literarische Publizistik (1996)
  • Geschwister-Scholl-Preis der Landeshauptstadt München (1994)

Veröffentlichungen, u. a.:

  • Den Frieden gewinnen. Die Gewalt verlernen. (2024)
  • Vom großen und kleinen Widerstand. Gedanken zu Zeit und Unzeit (2018)
  • Die Kraft der Hoffnung. Denkanstöße in schwierigen Zeiten. München 2017.
  • Gebrauchsanweisung für Populisten. Wals bei Salzburg 2017.
  • Was ein Einzelner vermag. Politische Zeitgeschichten. München 2016
  • Trotz alledem: Europa muss man einfach lieben. München 2016
  • Kindheit. Erste Heimat – Gedanken, die die Angst vertreiben. München 2015
  • In Namen der Menschlichkeit – Rettet die Flüchtlinge. Berlin 2015
  • Glanz und Elend der Grundrechte. Zwölf Sterne für das Grundgesetz. München, 2014
  • Alt. Amen. Anfang. Neue Denkanstöße, München 2013
  • Die Welt als Leitartikel. Zur Zukunft des Journalismus, Wien 2012
  • Der Zorn Gottes. Denkanstöße zu den Feiertagen, München 2011
  • Der Terrorist als Gesetzgeber. Wie man Politik mit Angst macht, München 2008
  • Kein schöner Land. Die Zerstörung der sozialen Gerechtigkeit, München 2005

Weitere Informationen über Heribert Prantl finden Sie auf seiner Homepage HIER