„Da-Sein war sein Leben.
Nun hat sein großes Herz aufgehört zu schlagen.“

Gestern am 23. September 2025 haben wir uns auf dem Friedhof am Perlacher Forst in München von Dr. Klaus Hahnzog verabschiedet.

Dr. Klaus Hahnzog war Jurist und Politiker – Kämpfer für Frieden und Gerechtigkeit.
Von 2011 – 2025 war er Ehrenkurat der Internationalen Münchner Friedenskonferenz.

Rede zum Gedenken an Dr. Klaus Hahnzog:

Liebe Familie Hahnzog,
sehr geehrte Trauergemeinde,

wenn wir uns heute von Dr. Klaus Hahnzog verabschieden, dann klingt in vielen von uns aus der Friedensbewegung noch eine Stimme nach, eine Stimme, die klar und unbeirrbar war, wenn es um Frieden, Gerechtigkeit und die Würde des Menschen ging.

Ich möchte eine Passage aus seinem Vortrag zitieren, den er am 13. Februar 2016 bei der Münchner Friedenskonferenz hielt. Das Thema seines Vortrags war: „Schutz der Menschenrechte durch Prävention“. Er begann mit den Worten:

„In der Präambel einer Verfassung werden der Rahmen und die prägenden Leitgedanken niedergelegt. Insoweit ist dort auch unser heutiges Thema ‚Schutz der Menschenrechte durch Prävention‘ verankert. Im Grundgesetz heißt es: von dem Willen beseelt (…) in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen. Da wir hier in Bayern sind: Dies ist übrigens auch in der Vorgängerin des Grundgesetzes, der von Wilhelm Hoegner geprägten Bayerischen Verfassung vom 1. Dezember 1946, in der Präambel mit den Worten festgehalten: der ‚feste Entschluss den kommenden deutschen Geschlechtern die Segnungen des Friedens dauernd zu sichern‘.“

Und er fuhr fort:

„Neben diesem bindenden Friedensgebot zeigt das Grundgesetz die zentrale Bedeutung der Grundrechte schon darin, dass sie in Art. 1 bis 19 an die Spitze gesetzt sind. Zu Recht wird in Art. 1 Abs. 1 die Seele des Grundgesetzes gesehen: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und schützen ist die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Das gilt für alle, nicht nur für Deutsche, wie auch Art. 2 Abs. 2 GG: Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Diese zentralen Grundrechte gelten für alle Bereiche hoheitlicher Gewalt, auch für den Einsatz des Militärs, im Inland wie im Ausland.“

Für Klaus Hahnzog war dieses Friedensgebot keine Formel, sondern Verpflichtung: persönlich, politisch, juristisch. Wie aktuell klingen seine Worte heute, in einer Zeit, in der Kriege in ungeheurer Brutalität geführt werden, in der Zivilistinnen und Zivilisten schutzlos bombardiert, verschleppt, getötet werden. Für Dr. Klaus Hahnzog war das Friedensgebot des Grundgesetzes Prüfstein jeder Politik.

Seine Kompetenz als Verfassungsrichter verlieh seinen Mahnungen besonderes Gewicht. Gerade beim Thema „humanitäre Interventionen“ warnte er davor, dass sich das Recht nicht zum Werkzeug von Machtpolitik machen dürfe. Auch wenn das Wort „humanitär“ vorgeschoben werde, kein militärisches Handeln dürfe Grundrechte verletzen oder Menschenwürde relativieren. Frieden, so betonte er, ist Verfassungsauftrag, und kein Feld für taktische Ausnahmen.

Er wusste aus eigener Kindheit, was es bedeutet, wenn Krieg und Gewalt das Leben zerstören:  die Nächte im Luftschutzkeller, der leere Platz des getöteten Schulkameraden, die Tiefflieger über den Feldern.

Daraus erwuchs sein unbeirrbarer Einsatz gegen Waffenexporte, gegen militärische Abenteuer, gegen alles, was Menschen zur Flucht zwingt. In seiner Rede 2016 sagte er deshalb klar (Ich zitiere):

„Darüber hinaus müssen auf jeden Fall die Jedermannsgrundrechte des Art. 1 und 2 des GG beachtet werden. Damit sind nicht nur bewaffnete Drohnen ausgeschlossen, sondern auch Einsätze, bei denen Kollateralschäden nicht auszuschließen sind.“

Das war typisch für ihn: juristisch präzise, politisch mutig, moralisch unmissverständlich. Er beendete seine Rede im Jahr 2016 mit den Worten und mit der ihm eigenen Weitsicht. Ich zitiere:

„Gerade in der jetzigen Zeit fordert aber auch die Flüchtlingssituation – bei der die gerade von der CSU geforderte „Obergrenze“ verfassungswidrig ist – alles zu tun, um Fluchtursachen zu vermindern, die häufig durch untragbare Verhältnisse in den Heimatländern herbeigeführt werden. Das heißt insbesondere: keine Kriege, keine Waffenexporte und keine Bedrohung der Lebensgrundlage im Heimatland durch wirtschaftliche Ausbeutung. Hier gäbe es wichtigere Aufgabenfelder anstatt der 130 Milliarden in 15 Jahren für den Wehretat mit einem nach Von der Leyen etwa angekündigten „Bedarf“ von 320 Leopard-2-Kampfpanzern.“

Als Bürgermeister, Landtagsabgeordneter, Verfassungsrichter und als Ehrenkurator der Münchner Friedenskonferenz, immer wieder stand er auf, wenn es darum ging, Recht vor Macht zu setzen, Menschenrechte vor Interessen, gemeinsame Sicherheit vor Aufrüstung.

Sein Vermächtnis ist aktueller denn je: Wer für Frieden eintritt, muss mit Widerstand rechnen und ihn dennoch aushalten. Klaus Hahnzog hat uns gezeigt, dass diese Standhaftigkeit möglich ist.

Die Süddeutsche Zeitung schrieb, er sei eine prägende Figur der Münchner Politik gewesen. Für uns war er mehr: ein Mahner, ein Begleiter, ein Freund. Jemand, der das große Wort „Frieden“ nicht pathetisch, sondern praktisch verstand: als Aufgabe des Rechtsstaates, als tägliche Verantwortung der Gesellschaft.

Lieber Klaus Hahnzog, du hast uns gelehrt, den Mut nicht zu verlieren,
den Mut, Krieg und Gewalt zu widersprechen.

Deine Stimme bleibt uns Verpflichtung.

Ruhe in Frieden.

(Gehalten am 23.09.2025 von Maria R. Feckl)